„Achtsamkeit bedeutet, die Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu haben, also bei dem Erleben, das jetzt in diesem Moment stattfindet, und diesem mit einer bestimmten inneren Haltung zu begegnen, nämlich mit einer Haltung, die gekennzeichnet ist durch Offenheit, Neugier und Akzeptanz den Empfindungen gegenüber. Es geht also darum, nicht in Bewertungen oder Verurteilungen abzugleiten, denn genau das tun wir häufig:Wenn man die eigene Aufmerksamkeit mal darauf lenkt, dann stellt man fest, dass man eigentlich andauernd alles bewertet und einteilt in ‚gewünscht‘ oder ‚ungewünscht‘, in ‚davon möchte ich mehr haben‘ oder ‚das möchte ich nicht haben‘. Auf diese Weise befinden wir uns ganz oft in so einem kleinen inneren Kampf mit den Dingen.“
Dr. Britta Hölzel: Dipl.-Psychologin, Hirnforscherin und MBSR-Lehrerin:
So wie die Achtsamkeitsmeditation nun im westlichen Kontext angewendet wird, ist sie häufig komplett frei von diesem religiösen Überbau. Es geht da wirklich um eine Art und Weise der Aufmerksamkeit, darum, präsent zu sein und um eine bestimmte innere Haltung. Diese Haltung ist nicht daran gebunden, dass man irgendetwas glauben oder irgendein Glaubenssystem mit sich herumtragen müsste. Diese Veränderung, dass diese Achtsamkeitspraxis quasi herausgehoben wurde aus dem kulturellen und religiösen Kontext, aus dem sie eigentlich kommt, ist meiner Meinung nach eine ganz notwendige Entwicklung gewesen, um diese Praxis hier bei uns zugänglich zu machen. Das hat natürlich auch seine schwierigen Seiten, das will ich nicht verleugnen.
Man ist erstaunt, wenn man mit der Meditationspraxis anfängt, wie häufig das funktioniert, denn man denkt vielleicht gar nicht, dass wir andauernd abgleiten. Es geht dann darum, sich nicht zu verurteilen, sondern mit viel Mitgefühl, mit Freundlichkeit sich innerlich selbst quasi liebevoll bei der Hand zu fassen und zu sagen: „Ich bin jetzt gerade weggeglitten, ich war wieder in irgendwelche Pläne oder Geschichten verstrickt. Ich bringe jetzt aber meine Aufmerksamkeit ganz geduldig und freundlich liebevoll wieder in diesen Moment zurück!“ Das ist eigentlich genau der Kern der Übung: immer wieder zurückzukommen und sich dabei selbst innerlich mit einer freundlichen und mitfühlenden Haltung zu begegnen.