Stressresistenter werden – Die Vorteile von Achtsamkeit im Berufsalltag
Große Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft, wie zum Beispiel die Digitalisierung, erzeugen bei vielen Menschen Stress. Sie fragen sich zum Beispiel: Werde ich meinen Job auch noch im nächsten Jahr haben? Wenn Unternehmen immer schneller auf die Anforderungen der Märkte reagieren, immer flexibler und agiler werden müssen, sind Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen davon betroffen. Viele Unternehmen haben auf diese Stress auslösenden Faktoren reagiert und bieten mittlerweile Workshops für Achtsamkeit an. Dabei stellen sie fest: Die Mitarbeiter werden dadurch auch kreativer und produktiver.
Stichwort: Achtsamkeit
Beim Konzept der Achtsamkeit geht es um die bewusste Wahrnehmung des aktuellen Moments. Dazu gehören: Gedanken, Emotionen und auch Vorgänge im Körper. Diese Dinge werden betrachtet, aber nicht bewertet. Die wertfreie Beobachtung und Akzeptanz der Gegenwart ist ein Bewusstseinszustand, den man lernen kann. Achtsamkeit ist ein Persönlichkeitseigenschaft, die in vielerlei Hinsicht ausgebildet werden kann.
Achtsamkeit fördert die Problemlösungsfähigkeit und Aufmerksamkeit
Der Hirnforscher Richard Davidson beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Achtsamkeitsmeditation und deren Auswirkungen auf das Gehirn. Er erforscht, inwiefern durch gezieltes Training die emotionalen Verdrahtungen im Gehirn verändert werden können, so dass Menschen mehr Glück empfinden und mehr positive menschliche Qualitäten, wie etwa ein erhöhtes Mitgefühl hervorbringen. Davidson führte umfangreiche Fallstudien an tibetischen Mönchen durch, die über rund 45.000 Stunden Meditationspraxis verfügten.
Mit Hilfe bildgebender Verfahren in der Medizin konnten die Hirnaktivitäten von über lange Zeit meditierenden Mönchen anhand verschiedener Indikatoren untersucht werden. Dabei ergab sich folgendes Resultat: Die Mönche zeigten in dieser Höhe noch nie zuvor gemessene Levels sogenannter Gamma-Wellen im Gehirn. Dieser Zustand wird in Verbindung gebracht mit erweiterter Wahrnehmung, schnellerer Informationsverarbeitung und gesteigerter Problemlösungsfähigkeit.
Gleichzeitig konnte Davidson bei den Mönchen eine höhere Hirnaktivität im linken präfrontalen Stirnlappen feststellen, verglichen mit Menschen ohne Meditationspraxis. Eine höhere Aktivität in dieser Hirnregion steht für positivere Emotionen, mehr Ausgeglichenheit und erhöhte Aufmerksamkeit. Es wurden zudem Verdickungen in verschiedenen Bereichen der Großhirnrinde gemessen, die für Empathie, Emotionsregulation und Stressresistenz wichtig sind.
Achtsamkeitstraining erhöht das Engagement der Mitarbeiter
Richard Davidson hat zusammen mit Jon Kabat-Zinn, dem Begründer des Ansatzes „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“ (Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR) untersucht, wie ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining auf eine Gruppe meditierender und nicht-meditierender Mitarbeiter in einem von Stress geprägten Umfeld wirkt. Mitarbeiterbefragungen ergaben, dass sich in der Gruppe der Meditierenden die allgemeine Stimmungslage verbesserte, das Engagement der Mitarbeiter zunahm sowie das Stressempfinden abnahm.
Zudem konnte bei den Meditierenden als Nebeneffekt eine Stärkung des Immunsystems festgestellt werden. Eine relativ kurze Übungseinheit von acht Wochen half also bereits, sich gesünder, positiver und stressfreier zu fühlen. Auch belegen sogenannte Meta-Studien, dass Achtsamkeitstraining deutlich positive Wirkungen auf die Gesundheit, das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität von Praktizierenden hat, was sich wiederum vorteilhaft auf die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz auswirkt.
Achtsamkeit ermöglicht Perspektivwechsel
Die meiste Zeit handeln wir, basierend auf bestehenden Bewertungs- und Reaktionsmustern, ähnlich und mit ähnlichen Ergebnissen. Achtsamkeit ermöglicht einen Perspektivwechsel. Die Fähigkeit, die eigene Perspektive bewusst verändern zu können, wird als eine Form der Wahrnehmung auf der Meta-Ebene beschrieben. Wer achtsam ist, wird zum Beobachter seines Lebens. Er erkennt, dass alle in der Wahrnehmung aufkommenden Dinge wie Gedanken, Bewertungen, innere Dialoge oder konstruierte Geschichten kommen und gehen. Es geht darum, mit den eigenen Gedanken, Emotionen und Empfindungen in Berührung zu kommen – nicht, daran hängenzubleiben; ungeachtet dessen, ob man diese im Moment positiv, negativ oder neutral bewertet.
Achtsamkeit fördert die Zufriedenheit im Job
Wer achtsam ist, lebt in der unmittelbaren Erfahrung und nicht im konzeptionell wertenden Denken. Diese Fähigkeit zum Perspektivwechsel kann zu mehr Jobzufriedenheit führen. Wer nicht wertend den gegenwärtigen Moment fokussiert, kann belastende Ereignisse objektiver beobachten. Dies hilft, stressvolle Situationen klarer und aus verschiedenen Blickwinkeln wahrzunehmen und sich nicht sofort von den eigenen negativen Bewertungsmustern beeinflussen zu lassen.
Stress kann somit durch die Fähigkeit, Situationen angemessener beurteilen zu können, gezielt reduziert werden. Darüber hinaus fördert Achtsamkeit selbstbestimmtes Verhalten, das bewusste Unterbrechen sowie die aktive Veränderung gewohnheitsmäßiger Reaktionen. Das Wahrnehmen der eigenen Erfahrung in jedem Moment führt auch dazu, dass sich Menschen den eigenen Werten und Bedürfnissen bewusster sind und stärker in Übereinstimmung mit diesen handeln können. Auch das wirkt sich wieder positiv auf die Jobzufriedenheit aus.
Achtsamkeit begünstigt emotionale Intelligenz
Wie wirkt Achtsamkeit auf Bereiche wie Sozialkompetenz, Arbeitsproduktivität und Führung? Wer Achtsamkeit übt, begünstigt die Entwicklung von emotionaler Intelligenz. In Bezug auf die inhaltliche Relevanz und Bedeutung des Themas zeigen empirische Studien, dass Menschen, die eigene und fremde Gefühle steuern und damit konstruktiver umgehen können, auch im beruflichen Leben erfolgreicher sind, weniger unter psychischen Störungen leiden, bessere persönliche Beziehungen haben und zufriedener sind. Die Fähigkeit, sich in Personen in seinem Umfeld einzufühlen, ist bei Kunden, Arbeitskollegen und Mitarbeitern erfolgskritisch. Denn wenn das Gegenüber spürt, dass man präsent ist, zuhören kann und Respekt entgegenbringt, dann wird die Beziehung für beide Seiten gewinnbringender.
Achtsamkeit fördert Konzentration und Produktivität
Die Gedanken vieler Mitarbeiter schweifen bei der Erledigung einer Aufgabe ab. Viele befinden sich durch Anrufe, E-Mails oder Textnachrichten auf dem Smartphone in einem konstanten Zustand der partiellen Aufmerksamkeit und lassen sich von der eigentlichen Arbeit ablenken. Dies wiederum erzeugt Stress und die Produktivität nimmt teilweise massiv ab.
Wer achtsam ist, fördert seine Fähigkeit, sich im gegenwärtigen Moment stärker auf die Arbeit zu konzentrieren, weniger abgelenkt zu sein und den Geist immer wieder bewusst auf die Aufgabe zurückzubringen, falls er abschweifen sollte. Wer diese Fähigkeit am Arbeitsplatz einsetzt, ist fokussierter und produktiver.
Achtsamkeit macht authentischer und berechenbarer
Der Organisationspsychologe Richard Boyatzis beschreibt die Wirkung von Achtsamkeit in der Führung wie folgt: „Achtsamkeit ist eine Schlüssel-Managementkompetenz. Wer Achtsamkeit trainiert, erweitert seine Selbsterkenntnis. Dieses Wissen über einen selbst und die Funktionsweise des Geistes sowie seiner Bewertungen befähigt Übende, in einer Situation und gegenüber Menschen nicht automatisch nach immer den gleichen Mustern zu reagieren.“
Boyatzis zufolge haben achtsame Führungskräfte ein größeres Repertoire an angemessenen Handlungsmöglichkeiten. Sie nehmen innere Impulse rascher wahr und können aus einer sich selbst beobachtenden Haltung heraus bewusst entscheiden, wie sie möglichst konstruktiv reagieren wollen. Zudem schafften es achtsame Führungskräfte besser, bei sich selbst und ihren Bedürfnissen zu sein, ohne sich verstellen zu müssen – sie präsentierten sich deshalb authentischer und berechenbarer. Denn: Menschen vertrauen Vorgesetzten dann, wenn deren Verhaltensweisen mit den von ihnen geäußerten Werten übereinstimmen und sich deren Launen und Meinungen nicht laufend ändern.
Achtsame Führungskräfte sind sich zudem ihrer Gedanken und Gefühle eher bewusst und kommen so stärker mit der eigenen Intuition in Berührung. Das hilft ihnen, Situationen und Menschen besser einschätzen zu können und sich gleichzeitig den eigenen, die Entscheidung verzerrenden Projektionen, bewusst zu werden. Auf diese Weise treffen Führungskräfte bessere Entscheidungen.
Quelle: www.business-wissen.de
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